Dirk Hofmann im großen Karriere-Interview - TSV Cossebaude e. V.

Tsv-cossebaude.de hat sich mit Dirk Hofmann zum Interview getroffen. „Hofi“, wie er am Gohliser Weg und Umgebung stets liebevoll genannt wird, ist mittlerweile als Co-Trainer der 1. Herren tätig. Das war aber nicht immer so und darüber haben wir mit ihm gesprochen. Entstanden ist ein einstündiges Gespräch mit dem Cossebauder Urgestein über seine Anfänge beim TSV, interessante Begegnungen mit den verschiedensten Persönlichkeiten und über den Wandel der Zeit auf dem Sportplatz Cossebaude. (Lesedauer ca. 15 Minuten)

Hofi, starten wir mit deinen Anfängen beim TSV Cossebaude. Wann und wie bist du auf den Fußballplatz gekommen?

Mein Vater hat mich 1979 hierher mitgenommen. Er hatte damals klare Vorstellungen und wollte, dass ich hier eine Weile trainiere und dann mit ungefähr 14 Jahren zu Dynamo Dresden wechsele. Der Plan ging aber nicht auf, da ich aufgrund von Westbesuch in unserer Familie gar nicht dahin durfte.

Wurde dir das direkt mitgeteilt, dass du aufgrund der Besuche aus dem kapitalistischen Ausland nicht geeignet bist?

Nein, damals hatte ich als Jugendlicher die politischen Hintergründe noch nicht vor Augen. Die Umstände, warum es nicht funktionierte, habe ich dann erst nach der Wende erfahren. Wir waren damals drei Spieler in Cossebaude, die zu Dynamo wechseln sollten. Bei einem hat es wegen der fehlenden schulischen Leistung nicht funktioniert, bei mir aufgrund des Westbesuches und der dritte im Bunde durfte letztendlich wechseln. Für ihn waren die Anforderungen, besonders mental, leider nicht zu bewältigen und so kam er zwei Jahre später wieder zurück nach Cossebaude.

So kam es also, dass du deine gesamte Nachwuchszeit hier verbracht hast. Welche Trainer haben dich in dieser Zeit besonders geprägt?

Ich kann mich noch an meinen ersten Trainer erinnern, der Name ist mir aber entfallen. Er sagte zu mir “Aus dir wird nie ein Fußballer.” Am Ende war ich aus meinem Jahrgang einer der wenigen, der es in die erste Männermannschaft geschafft hat, wenn nicht sogar der Einzige. Der Trainer hingegen war nur eine kurze Zeit für unsere Mannschaft zuständig. Später übernahm Heinz Freund, der Vater eines Mitspielers, meine Mannschaft und trainierte uns bis in die A-Jugend hinein. Mit ihm waren wir teilweise sehr erfolgreich und durften Stadtmeistertitel und Pokalsiege feiern. Wir waren bei Weitem nicht die spielerisch und technisch am Besten ausgebildete Mannschaft, aber wir waren kämpferisch besonders stark und haben darüber unsere Erfolge errungen. Siege prämierte unser Co-Trainer ab und zu mit frischen Kuchenrändern vom Bäcker. Das waren in der damaligen Zeit schon kleine Highlights.

Wenn du den Fußball, besonders in der Nachwuchsarbeit, mit heute vergleichst. Wo liegen die größten Unterschiede?

Es fällt mir schwer mich an die einzelnen Inhalte von damals zu erinnern. Es wurde aber auf die jeweiligen Entwicklungen Einfluss genommen. Wenn der Trainer merkte, uns fehlt in einem bestimmten Bereich etwas, dann kam es in den folgenden Wochen mit in die Trainingsplanung. Der größte Unterschied liegt im Konditionstraining. Damals haben wir bereits in der frühen Jugend Hang- und Waldläufe machen müssen. Das wäre heute unvorstellbar, aber damals war es ein bedeutender Baustein im Training. Zusätzlich gab es immer mittwochs für Spieler, die zusätzlich gefördert werden sollten, eine Art Zusatztraining. Heute sprechen wir dabei vom “Techniktraining” in der Kabine. Da wurde dann jahrgangsübergreifend trainiert und es wurden nur wenige aus jeder Mannschaft eingeladen. So wurde ein zusätzlicher Anreiz geschaffen und es war auch eine Art Belobigung für die eigene Leistung.

Welche Rolle darüber hinaus spielte der Fußball für dich in der Zeit?

Wir waren damals sieben Tage in der Woche auf dem Sportplatz und haben gekickt. Da haben wir alle möglichen Varianten gespielt. Spielformen Eins gegen Eins in denen zum Beispiel nur der linke Fuß genutzt werden durfte. Damals war ein Sowjet oft auf dem Platz unterwegs, der hat uns auch ein paar Tricks beigebracht. Er hat nach eigener Angabe in der russischen zweiten Liga gespielt und war hier in Dresden bei der Armee stationiert. Mit unserem russisch aus der Schule konnten wir uns ein bisschen verständigen und haben von ihm das ein oder andere gezeigt bekommen.

Stimmt es, dass du in deiner Nachwuchszeit mit Cossebaude gegen Dynamo Dresden spieltest und dort auf spätere Ikonen wie Jens Jeremies und Alexander Zickler getroffen bist?

Ich glaube es war noch Kleinfeld und wir spielten gegen die zweite Mannschaft von Dynamo. Da waren die beiden dabei. Das war mir in diesem Moment auch gar nicht bewusst ehrlich gesagt. Dazu kommt, dass man zum Beispiel bei Zickler zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesehen hat, welches Potenzial sich bei ihm noch verbirgt. Bei Jens Jeremies hingegen blickte damals schon seine prägnante Art des Verteidigens durch. Später, als sie den Durchbruch geschafft hatten, zeigte sich zusätzlich ihre charakterliche Größe. Ich habe die beiden nie als abgehoben wahrgenommen und auch wenn sie nicht wussten, wer ich bin, so konnte man sich auch mal kurz unterhalten, wenn man sich im Dresdner Nachtleben begegnete.

Wann war bei dir der Zeitpunkt als Nachwuchsspieler gekommen, ab dem du die erste Männermannschaft wahrgenommen und als persönliches Ziel für dich ins Auge gefasst hast?

Da gab es ein einschneidendes Erlebnis. In der B oder A-Jugend hatten wir zeitgleich Spiel mit unserer ersten Männer. Es waren gefühlt 30 Grad im Schatten und wir jagten dem Ball auf dem staubtrockenen Hartplatz hinterher. Auf dem Rasenplatz spielten derweil die Männer. Zu der Zeit war es ausschließlich der ersten Mannschaft vorbehalten, auf dem Rasen zu spielen. Nach dem Spiel sagte unser Trainer “Schaut Jungs, wenn ihr es irgendwann mal geschafft habt, dürft ihr auch auf Rasen spielen.” Der Rasen allein war schon Anreiz genug, es in erste Männermannschaft schaffen zu wollen.

Wie war der Moment wo es dann für dich soweit war und du hochgerückt bist?

Mein Trainer in der A-Jugend war in Personalunion auch Trainer der Herren. Die befanden sich im Abstiegskampf in der damaligen Bezirksklasse und benötigten Aushilfe in der Offensive und so bin ich mit 17 Jahren erstmals dazu gestoßen. Anfangs saß ich natürlich noch häufig auf der Bank, kam dann aber mehr und mehr zu meinen Einsatzzeiten.

Wurdest du direkt zum Stammpersonal oder bedurfte es noch weiterer Geduld?

Ich habe parallel das Jahr noch in der A-Jugend beendet und war zunächst nicht auf Dauer in der ersten Mannschaft. Gespielt habe ich auch mal eine Halbserie in der zweiten Mannschaft oder später über einen längeren Zeitraum. Das war für mich aber unproblematisch, da es mir nicht darum ging ausschließlich in einer Mannschaft zu spielen, sondern überhaupt auf dem Platz zu stehen und Fußball zu spielen. Dafür habe ich auch Dinge gemacht, die es so heute vielleicht nur noch selten gibt. Ich war in Nürnberg bei einer Feier eingeladen und sollte bei unserer dritten Mannschaft aushelfen. Das Spiel war sonntags 08:45 Uhr in Pillnitz und ich sollte der elfte Mann sein. Ich bin also in der Nacht die Strecke von Nürnberg auf den Sportplatz gefahren und war pünktlich da. Auf einmal war ich der zwölfte Spieler und fand mich auf der Wechselbank wieder. Das fand ich natürlich weniger lustig, habe trotzdem in der zweiten Halbzeit eine ordentliche Leistung gebracht und gesagt “Das zieht ihr mit mir nicht nochmal ab”.

Du bist als Offensivkraft in die Herren aufgerückt. War diese Position schon immer dein Arbeitsumfeld auf dem Feld?

Meine Anfänge habe ich als Linksverteidiger gemacht, bin dann mit der Zeit in das linke Mittelfeld vorgerückt da ich auch mal das Tor getroffen habe. Der große Schritt kam dann nachdem ich als Verteidiger gegen Dynamo Dresden in der Jugend drei Treffer erzielte. Da mir das läuferische auch besser als das mit dem Ball gelang, war ich im Mittelfeld auch gar nicht so verkehrt aufgehoben.

Du warst in der Stadt durchaus bekannt. Wurden Spieler auf dich gezielt angesetzt um dich aus der Reserve zu locken?

Ich war ein, vorsichtig gesagt, kleiner Stinkstiefel. Auf dem Platz habe ich das so aber nicht wahrgenommen. Ab und zu hat man es im Nachhinein erfahren. Ich muss auch sagen, dass ich mich selten zu etwas hinreißen lassen habe. Vielleicht ist es mir auch mit etwas Glück gelungen in solchen Situationen doch auf dem Platz bleiben zu dürfen. Ich kann mich nur an einen Platzverweis erinnern, der absolut gerechtfertigt war. Zuvor bekam ich ordentlich in die Knochen und als Revanche warf ich meinem Gegenspieler den Ball an den Kopf und durfte duschen.

Später warst du auch nomineller Stürmer. Deine Laufbahn hast du dann wieder als Verteidiger beendet. Erzähl uns von dem Wandel.

Als Stürmer habe ich ab und zu das Tor getroffen, hatte wohl so einen Schnitt von 10 oder 12 Toren pro Saison. Es gab auch mal eine Rückrunde in der Bezirksklasse, in der ich 14 Treffer in 15 Spielen erzielte. Das war schon ein Highlight für mich. Der Wechsel wieder zurück kam dann bei einem Spiel gegen den FC Elbflorenz. Trainer war damals Jürgen Straßburger und wir lagen hinten. Ich sollte, zusammen mit meinem Freund, eingewechselt werden. Der Trainer wollte im Sturm und in der Abwehr wechseln. Mein Kumpel, er war sonst mein Sturmpartner, wurde in die Offensive gebracht und ich in die Defensive. Auf einmal war ich wieder Linksverteidiger wie einst in der Jugend und löste die Aufgabe offenbar zur Zufriedenheit des Trainers. So spielte ich ab dem Zeitpunkt wieder hinten.

Es fällt auf, dass du die meiste Zeit auf der linken Seite des Platzes unterwegs warst. Für einen Rechtsfuß eher ungewöhnlich.

Mir lag es von Außen nach Innen zu ziehen und dann mit meinem starken Fuß abzuschließen. Der linke Fuß war wahrlich nicht mein Bester und so gewöhnte ich mir die Art und Weise an. Selbst Linienbälle gelangen mir eher mit dem rechten Außenrist, auch wenn das mein Trainerkollege nicht so gerne hören wird.

Wenn man sich mit Vereinsmitgliedern über vergangene Tage unterhält fällt häufig der Name Jürgen Straßburger. Auch du hast ihn eben genannt. Was erinnert dich an ihn?

Straßi, wie er genannt wurde, war zweimal in Cossebaude Trainer. In der ersten Zeit, ich war noch einer der jüngeren Spieler sind wir gemeinsam in die Bezirksliga aufgestiegen. Leider ist er noch vor der neuen Saison zum SV Bannewitz gewechselt. Wir hatten in der Aufstiegssaison ein Spiel gegen die SG Kesselsdorf, unter anderem mit Matthias Schulz im Aufgebot. Wir lagen zur Halbzeit 4:1 hinten. In der Pause kam Straßi in aller Ruhe in die Kabine, machte die Tür hinter sich zu und sagte in ruhigem Ton “Jungs, geht raus, spielt die Scheiße weiter. Lasst euch hier richtig auf den Sack hauen und macht euch weiter zur Feile.” Danach ging er wieder in aller Ruhe aus der Kabine heraus. Das hatte seine Wirkung erzielt, wir sind raus und haben das Spiel noch 6:5 auf Schneeboden gewonnen.

Welcher Trainer ist dir aus deiner Zeit bei den Herren in Erinnerung geblieben, der dich besonders fußballerisch geprägt hat?

Sofort fällt mir da Matthias “Lotte” Müller ein. Er hat uns als Verein Mitte der 90er Jahre als Trainer ausgeholfen. Da haben wir als Spieler sehr viel mitgenommen. Er hatte durch seine Zeit bei Dynamo Dresden einen ganz anderen Hintergrund wie wir alle und sah den Fußball deutlich professioneller. Vor dem ersten Training zur Vorbereitung stand bereits das Bier für nach dem Training in der Kabine. So schnell konnten wir gar nicht gucken, da war die Kiste wieder draußen. Auch Geburtstagsbier war eher verpönt bei „Lotte“. Er ist, mit dem was er sich vorstellte, voran gegangen. Wenn es um Ausdauerläufe ging, lief er vor der Gruppe und da hast du schon zugesehen, dass du da nicht hinten abfällst.

Der ehemalige Oberligaspieler von Dynamo, absoluter Leistungssportler und die Freizeitfußballer aus Cossebaude. Prallten da nicht unvereinbare Welten aufeinander?

Fußball stand für ihn an erster Stelle. Die Arbeit oder Familie waren keine Gründe nicht zum Training kommen zu können. Da mussten wir uns alle erst aneinander gewöhnen. Er lernte, dass wir doch keine Profis waren und hat sich da mit der Zeit richtig gut geschlagen. Auf der anderen Seite haben wir Spieler unheimlich viel unter ihm gelernt. Einmal sagte er zu mir, dass ich nicht der typische Stürmer bin, aber du spielst da vorn, weil du die Löcher reist und zwei auf dich ziehst. So hatte ich das zuvor noch nie gesehen.

Bei Trainern spielt auch die menschliche Komponente eine große Rolle. Von wem konntest du in dieser Beziehung am meisten mitnehmen?

Die Mischung muss passen. Wenn du der beste Freund der Spieler bist, es dir im Gegensatz aber nicht gelingt die Spieler anzutreiben, wirst du nicht die gewünschten Leistungen erreichen. Unter André Transier hatten wir damals ein sehr gutes Mannschaftsgefüge, sind dann gemeinsam in die Bezirksklasse aufgestiegen. Er hatte eine sehr gute Mischung gefunden aus hartem Hund und Menschlichkeit. Wir hatten eine lange Zeit nur wenige Nachwuchsspieler und nun wurden es wieder zunehmend mehr. André gelang es aus den mittlerweile älteren und sehr jungen Spielern ein super Team zu formen.

Du sprichst die Zeit an, in der nur wenige Spieler den Weg von den Jugendmannschaften in den Herrenbereich fanden. Wie ging man mit der Situation um?

Es war eine schwierige Zeit. Wenn eine Mannschaft nicht ab und zu mal aufgefrischt werden kann, stößt jeder Trainer eines Tages an seine Grenzen. Persönlich hatte es natürlich auch Vorteile. So konnte ich mich aufgrund fehlender jüngerer Konkurrenz natürlich besser und auf Dauer in der Mannschaft fest spielen. Es sind ab und zu mal drei oder vier Spieler aus anderen Vereinen dazu gekommen. Man hat aber schon sehr darauf geachtet, dass es nicht zu viele sind und wir kein Verein waren, der Spieler bezahlen konnte.

Du spieltest aktiv von 1992 bis 2017 im Cossebauder Männerbereich. Lass die Zeit mal Revue passieren, welche Erfolge waren deine prägendsten?

Persönlich war wohl die Rückrunde mit den 14 Toren in der Bezirksklasse meine beste für Cossebaude. Der Gewinn des Stadtpokals beim 1:0 gegen Löbtau ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben. Ich wurde kurz vor Ende der regulären Spielzeit beim Stand von 0:0 verletzungsbedingt ausgewechselt und kurz darauf machte Basti Schiffel den Siegtreffer. Mit der gleichen Mannschaft sind wir dann auch in die Bezirksklasse aufgestiegen. Es gab viele schöne Momente in der gemeinsamen Zeit, mir fällt es schwer ein einziges hervorzuheben.

Kommen wir zum Gegenteil von Erfolg. Welche Niederlage hat sich bis auf ewig eingebrannt?

Definitiv das Pokalfinale gegen Helios. Wir haben bis kurz vor Schluss mit 3:1 geführt und der Gegner war mittelweile auf 9 Mann reduziert. Dann machte Helios den Anschlusstreffer und kurz vor Abpfiff sogar noch den Ausgleich. Die Luft war raus und der Kopf war weg. Im Elfmeterschießen kam dann, was kommen musste, wir haben das Spiel verloren. Das hatte nach diesem Spielverlauf niemand mehr erwartet und tat richtig weh.

Du warst natürlich auch 2013 bei dem 0:7 Auswärtserfolg beim TSV Rotation dabei, gleichbedeutend mit dem Aufstieg in die damalige Bezirksliga Ost. War das Genugtuung für den Aufstieg, den Rotation 2008 im direkten Duell in Cossebaude sicherstellte?

Genugtuung würde ich nicht sagen. Denn als sie damals bei uns aufgestiegen sind, hatten sie es sich auch verdient. Es waren immer heiße Spiele, ebenso zwischen mir und meinen Gegenspielern. Aber menschlich war es immer voll in Ordnung. Man hat sich 90 Minuten gegenseitig auf dem Spielfeld bearbeitet und nichts gegönnt. Nach Abpfiff hat man sich die Hand gegeben und, wenn auch zähneknirschend, gratuliert. Der Aufstieg für uns fühlte sich wie eine kleine Revanche an, mehr aber nicht. Dafür überwog die Freude über das Geleistete.

Ganz allgemein gesehen. Gab es Spieler gegen die du immer solche heißen Duelle erwarten konntest, man sich im Anschluss dann aber auch mit einem Bier zusammengesetzt hat?

Rico Kaszuba von Hellerau oder Thomas Börs waren solche Typen. Sie spielten im Sturm und ich bereits wieder in der Abwehr. Da hat man sich 90 Minuten nichts geschenkt und danach konnte man sich trotzdem in die Augen schauen und hat sich die Hand gegeben.

Hand aufs Herz, hattest du in all den Jahren, die Sache mit Dynamo Dresden ausgenommen, Gedanken den Verein zu wechseln?

Nachdem Matthias Müller von Cossebaude nach Riesa ging, rief er mich eines Tages an und fragte mich, ob ich mir ein Training da anschauen möchte. Ich habe in der Folge mittrainiert und konnte mir nach den Absprachen mit Matthias vorstellen nach Riesa zu wechseln. Er sah mich, aufgrund seiner guten Besetzung im Sturm, eher in der Defensive. Kurz bevor dann alles in trockene Tücher gebracht werden sollte wurde Matthias Müller entlassen. Dann habe ich natürlich angefangen zu überlegen, ob ich das wirklich tun sollte, zu einem Trainer zu wechseln, der dich eigentlich gar nicht holen wollte. Es war natürlich ein sportlicher Anreiz, aber vorrangig wäre ich wegen Matthias Müller nach Riesa gegangen.

Du hast in deiner aktiven Zeit mit vielen Spielern auf dem Feld gestanden. Gab es dabei Spieler, die fußballerisch heraus stachen?

Spontan fällt mir Fred Mecke ein, der seine Laufbahn auch in Cossebaude ausklingen ließ. Er spielte zuvor für Dynamo Dresden, Riesa und Halle in der DDR Oberliga. Diese Vita hat er sich aber auf dem Platz nie anmerken lassen. Ihm war egal wer neben ihm stand und versuchte jeden gut in Szene zu setzen um das Spiel zu gewinnen.

Jetzt haben wir schon viel über dich als Spieler gesprochen. Mittlerweile stehst du an der Seitenlinie und bist als Co-Trainer der ersten Mannschaft tätig. Wie kam es dazu?

Mittlerweile hatten wir wieder mehr Nachwuchsspieler in der Mannschaft, die natürlich deutlich schneller als ich unterwegs waren. Da habe ich mir schon die Frage gestellt, muss ich jetzt noch einem Max Matthes hinterherrennen? Dazu kam später meine Knieverletzung, nach der ich zunächst nicht gedacht hätte, nochmal zurückzukommen. Immerhin war ich mittlerweile schon über 40. Ich wollte es mir aber nochmal beweisen und habe es geschafft. Dann kamen aber mehr Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft. Die Jugendarbeit hat sich in Cossebaude mittlerweile gewandelt und wurde deutlich besser. Bevor ich verdrängt werde und keine Rolle mehr spiele, wollte ich lieber selbst entscheiden wann ich aufhöre. Also habe ich meinen Hut genommen.

Und wie kam es dazu, dass du nun mit Verantwortung auf der Bank Platz genommen hast?

Das war mehr oder weniger Zufall. Nach dem Abstieg aus der Bezirksliga hörte André Transier als Trainer auf und der Verein suchte einen neuen Mann an der Seitenlinie. Ich kannte Dirk Hartmann über einen Freund und wusste, dass er einen neuen Verein sucht. Dadurch kam der Kontakt mit ihm und dem Vorstand zu Stande und sie wurden sich einig. Der Posten des Co-Trainers war noch nicht besetzt und Thomas Wiesenthal brachte mich ins Gespräch. Dirk Hartmann hatte keine Einwände und so kam es, dass Präsident Thomas Wiesenthal eines Abends bei mir vor der Tür stand. Er sagte, wir müssen mal miteinander reden und ich dachte mir, was kommt denn jetzt? Es kam bis zum damaligen Tage nicht oft vor, dass Thomas unangekündigt vor der Tür stand. Dann saßen wir gemeinsam in meiner Stube und er sprach mit mir über den Posten. So wurde ich zum Co-Trainer.

Es war also ein schneller Wechsel vom Spieler zum Trainer. Wie kamst du mit dem Rollenwechsel zurecht?

Ich musste da erst mal reinwachsen, das war nicht ganz so einfach, gerade wenn man mit vielen zusammengespielt hat. Ich glaube ehrlich gesagt ich bin auch heute noch in der Phase mich immer weiter zu finden. Mir kam entgegen, dass ich im Beruf gerade zum Ausbilder ausgebildet wurde und dort eine ähnliche Konstellation vorherrschte. Anfangs war es für beide Seiten eine Findungsphase aber mit der Zeit merken die Spieler, dass ich nichts sage, um sie zu ärgern.

Nun hast du beide Seiten kennengelernt. Was ist heute anders im Trainer-Spieler Verhältnis als zum Beispiel noch anfangs der 90er Jahre?

Früher wurden die Ansagen eines Trainers einfach umgesetzt. Heute hinterfragen die Spieler viel mehr als zu Zeiten, in denen ich gerade frisch in den Männermannschaften war. Das nimmt teilweise ganz banale Züge an, zum Beispiel wenn ein Spieler fragt warum gerade er die Bälle aufpumpen gehen soll. Solche Fragen gab es damals nicht. Auch wurde das noch ganz anders aus der Mannschaft selbst heraus geregelt. Die Gesellschaft hat sich einfach über die Jahre geändert, es wird zunehmend versucht mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Erfolg zu haben.

Gab es Überraschungen die du in deiner neuen Funktion erlebt hast und welche dir als Spieler zuvor nicht wirklich bewusst waren?

Man muss den vielen Leuten im Verein Danke sagen, die in welcher Art auch immer tätig sind. Egal ob im Herrenbereich, Nachwuchs oder Vorstand, da muss man Danke sagen für die Zeit, die diese Leute aufopfern. Ich wusste als Spieler nicht was da noch alles hinten dran hängt und es sind so viele Leute am arbeiten, damit der Verein so funktioniert, wie er es soll.

Was würdest du dir für deine Zukunft an der Seitenlinie wünschen?

Es wäre schön, kurz abgesehen von der Trainerlaufbahn, wenn die Ärzte es nochmal schaffen, dass ich bei den Alten Herren auf dem Platz stehen kann und nicht nur als Maskottchen an der Eckfahne. Darüber hinaus wäre eine Trophäe, wie ein Pokalsieg, mit der ersten Mannschaft nochmal etwas ganz besonderes.

Mittlerweile hast du 41 Jahre Vereinsmitgliedschaft auf dem Briefbogen stehen. Wie haben sich Dinge im Verein in all den Jahren geändert?

Ich muss sagen, der Zusammenhalt war in früheren Jahren nochmal ein ganz anderer. Egal in welcher Mannschaft du gespielt hast. Es gab zudem bestimmte Rituale die das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkten, heute aber auch nicht wirklich so umzusetzen sind. Allgemein sitzen die Jungs heute nicht mehr so zusammen nach den Spielen oder unternehmen etwas geschlossen wie wir das noch kennen.

Welche Rituale meinst du?

Es gab zum Beispiel in der zweiten Mannschaft eine Kümmerling Runde. Ich habe bis ich 24 war keinen Alkohol getrunken und da war es nicht so, dass mehrere Spieler zeitnah nach dem Abpfiff wieder los sind. Wir saßen meist noch eine Weile zusammen und es gab mehrere Runden Kümmerling. Der Kreis musste grundsätzlich geschlossen werden. Da hatte ich schon das ein oder andere Mal zu tun, mich nach der zweiten oder dritten Runde wegzudrücken.

Über all die Jahre hast du viele Erfahrungen beim TSV Cossebaude gesammelt. Welchen Stellenwert bzw. welche Bedeutung nimmt der Verein für dich in deinem Leben ein?

Es ist für mich wie eine Familie, auch wenn das komisch klingt. Besonders in den ersten Jahren nach der Wende ist da sehr viel zusammen gewachsen. Wenn man über 40 Jahre beim TSV ist, dann legt man das nicht einfach ab und natürlich hat Cossebaude einen sehr hohen Stellenwert für mich. Solange ich es immer noch gern mache und mit dem Herzen dabei bin, wird sich das wohl auch nicht ändern.

Das ist ein wunderbares Schlusswort, Hofi. Vielen Dank für deine Zeit und bleib gesund.